Juni 16, 2025

„Das Wetter ist ein dynamischer Datenstrom, der intelligente Systeme sicherer, effizienter und vorausschauender machen kann.“

Ob für die Steuerung intelligenter Verkehrssysteme, die Optimierung von Energieflüssen oder die Absicherung kritischer Infrastrukturen: Präzise meteorologische Daten sind ein zentraler Baustein für die Gestaltung zukunftsfähiger Technologien. In SECAI liefert diese maßgeschneiderten Wetterprognosen der Konsortialpartner UBIMET. Im Interview spricht Verena Ruedl, Leiterin des Bereichs Innovation Management bei UBIMET, über die Bedeutung meteorologischer Informationen für KI-basierte Systeme, die Herausforderungen datengetriebener Innovation – und warum UBIMET in SECAI weit mehr als nur das Wetter liefert.

Voraussichtliche Lesedauer: 6 Minuten

Verena Ruedl, Leiterin des Bereichs Innovation Management bei UBIMET

UBIMET ist als Konsortialpartner im SECAI-Projekt aktiv. Was hat UBIMET zur Teilnahme an SECAI motiviert – und wie passt das Projekt zur strategischen Ausrichtung Ihres Unternehmens?

Mit unserem Fokus auf Hochpräzisionmeteorologie ist UBIMET Markt- und Innovationsführer im Bereich der Wetterdienstleister. Dabei geht die Expertise, Erfahrung und Produktpalette von UBIMET weit über reine Wettervorhersagen hinaus. Eine zentrale Fragestellung, die wir versuchen für die verschiedensten Branchen zu beantworten ist: Welchen Impact hat das Wetter? Gerade in der Energiebranche spielt das Wetter eine zentrale Rolle. Während im Bereich der Leistungsprognose erneuerbarer Energiequellen die wetter-basierte Prognose schon sehr fortgeschritten ist, wird der Einfluss des Wetters auf den täglichen Energiebedarf bislang noch nicht ausreichend berücksichtigt – genau das möchten wir ändern. Mit unserer Teilnahme am SECAI-Projekt setzen wir einen wichtigen Schritt, um Wetterdaten als fixen Bestandteil im Energiemanagement von Gebäuden zu etablieren. Dabei sollen die Untersuchungen und Entwicklungen in SECAI den Grundstein für die Berücksichtigung von Wetterprognosen im Bereich der Heizungssteuerung legen.

Das Potenzial geht jedoch weit darüber hinaus: Angesichts des fortschreitenden Klimawandels und steigender Sommertemperaturen werden auch die Prognose des Kühlbedarfs sowie die automatisierte, effiziente Gebäudekühlung immer relevanter. Dazu zählen auch die wetterbasierte Steuerung von Lüftungs- und Beschattungssystemen – ebenso wie Optimierungspotenziale bei der Lichtsteuerung. Im Zusammenspiel mit der Energieproduktion aus erneuerbaren Quellen, zum Beispiel Solar-Panels direkt am Gebäude, sowie weiteren großen Energieverbrauchern wie E- Fahrzeugen oder Haushaltsgeräten kann sich das Energiemanagement in Gebäuden noch erheblich weiterentwickeln. Wetterdaten sind dabei ein zentraler Baustein

SECAI zielt darauf ab, ein KI-basiertes, sicheres und energieeffizientes System zur Heizungssteuerung zu entwickeln. Wie trägt UBIMET mit seinen meteorologischen Daten und Prognosesystemen dazu bei, diesen Forschungsansatz zu realisieren? 

Seit der Gründung 2004 ist es ein zentrales Ziel von UBIMET, aktiv zur meteorologischen Forschung beizutragen. Dafür haben wir eine eigene Forschungsabteilung mit rund zehn Expertinnen und Experten aufgebaut, die kontinuierlich an neuen Modellen und Prognosemethoden arbeiten. Unser Ansatz ist konsequent datengetrieben und setzt verstärkt auf KI-basierte Verfahren. 

In SECAI kommt die Expertise von UBIMET gezielt zum Einsatz, um den Zusammenhang zwischen dem Heizbedarf und den Wetterbedingungen wissenschaftlich fundiert zu analysieren. Dabei geht es insbesondere darum, die ausschlaggebenden meteorologischen Parameter zu identifizieren. Auch die genauen Gegebenheiten vor Ort wie zum Beispiel die Ausrichtung der Wohnung und die Sonneneinstrahlung bzw. Beschattung werden bei den Untersuchungen berücksichtigt. 

Im Rahmen von SECAI haben wir zudem unsere Downscaling-Algorithmen weiterentwickelt. Dadurch lassen sich nun auch kleinskalige Effekte – wie städtische Hitzeinseln – präzise erfassen, was eine besonders detaillierte lokale Wetterprognose ermöglicht. 

Das übergeordnete Ziel ist es, gemeinsam mit den Projektpartnern einen Wetterindex zu entwickeln, der den Heizbedarf in Wohngebäuden zuverlässig abbildet. Auf dieser Grundlage soll ein KI-basiertes, sicheres und energieeffizientes System zur Heizungssteuerung realisiert werden – ein Ansatz, der nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch überzeugt. 

Verena Ruedl, Leiterin des Bereichs Innovation Management bei UBIMET
Verena Ruedl, Leiterin des Bereichs Innovation Management bei UBIMET.

Ein zentrales Thema von SECAI ist der verantwortungsvolle Umgang mit sensiblen Daten. Wie geht UBIMET mit Wetter- und Umweltdaten im Projektkontext um – und welche Rolle spielen Datensouveränität und -ethik für Sie?  

Auch wenn unsere Wetter- und Klimadaten per se nicht in die Kategorie der sensiblen Daten fallen, sind Datensouveränität und Datenethik für uns zentrale Themen – insbesondere im Projektkontext von SECAI. Unsere Prognosen müssen rund um die Uhr verfügbar sein, schließlich verlassen sich Betreiber von kritischer Infrastruktur wie Bahnbetriebe oder Flughäfen auf unsere Prognosen.  

Um Ausfallsicherheit zu garantieren, basiert unser Betrieb daher auf drei zentralen Säulen. Die erste Säule ist eine besonders leistungsfähige technische Infrastruktur. UBIMET hat mehr als doppelt so viele Server wie Mitarbeitende. Diese befinden sich in einem Colocation Center, das durch redundante Systeme maximale Betriebssicherheit gewährleistet. Die gesamte Anlage wird zu 100 Prozent mit grünem Strom betrieben, und ein Großteil der entstehenden Abwärme wird zur umweltfreundlichen Energieversorgung einer nahegelegenen Klinik genutzt.  

Die zweite Säule bildet unser vielfältiges Netzwerk an Wetterdatenquellen. Wir beziehen Wetterstations-, Radar- und Satellitendaten sowie globale Modellinformationen aus einer Vielzahl unabhängiger Quellen. Dieser breit gefächerte und kombinierte Ansatz stellt sicher, dass selbst bei Ausfall einzelner Datenströme die Prognosequalität  

erhalten bleibt und unsere Systeme robust arbeiten.  

Die dritte Säule ist die kontinuierliche Betreuung durch unsere Meteorologinnen und Meteorologen in der Unwetterzentrale (UWZ). Rund um die Uhr sind unsere Expertinnen und Experten im Einsatz, um die aktuelle Wettersituation zu evaluieren und punktgenau Warnungen zu versenden, wenn sich eine Gefahrenlage ankündigt. Gerade in Situationen mit erhöhten Unsicherheiten oder voneinander abweichenden Prognosen tragen sie mit ihrer Expertise maßgeblich zur Einordnung der Wetterlage bei.  

Welche Impulse erhofft sich UBIMET aus der Zusammenarbeit im SECAI-Konsortium – etwa für zukünftige Produkte, neue Partnerschaften oder den Ausbau Ihrer Innovationsführerschaft?  

Das SECAI-Konsortium bringt durch die Vielfalt seiner Partnerinnen und Partner und deren fachliche Tiefe eine außergewöhnliche Verbindung von Forschung und praktischer Anwendung zustande. Besonders wertvoll ist für UBIMET die Möglichkeit, neue Ansätze nicht nur theoretisch zu entwickeln, sondern auch unter Realbedingungen – etwa in Mietwohnungen – zu testen und direkt zu evaluieren. Dieser unmittelbare Praxistransfer ist aus unserer Sicht einer der größten Mehrwerte von SECAI.  

UBIMET plant die enge und sehr konstruktive Zusammenarbeit mit den Projektpartnern auch über die Laufzeit von SECAI hinaus fortzusetzen. Weitere gemeinsame Vorhaben sind bereits in Planung – etwa mit Fokus auf die Kühlung von Gebäuden, die angesichts des Klimawandels immer mehr an Relevanz gewinnt.  

Das Wetter ist ein dynamischer Datenstrom, der intelligente Systeme sicherer, effizienter und vorausschauender machen kann. Langfristiges Ziel ist die Integration unserer hochpräzisen Wetterdaten in Smart-Home- Anwendungen und automatisierte Energiemanagement-Systeme. Das Thema Heizen bildet dabei nur den Anfang. Ziel ist es, das Wetter als festen Bestandteil in ein ganzheitliches Gebäudemanagement einzubetten: von der Heizungs- und Kühlungssteuerung über Lüftung und Beschattung bis hin zur intelligenten Nutzung erneuerbarer Energien. SECAI leistet dafür einen entscheidenden Impuls und bringt uns unserem Ziel, wetteradaptive Gebäude der Zukunft aktiv mitzugestalten, einen großen Schritt näher.  

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