Oktober 29, 2025

Nutzerzentriertes Design statt Einheitslösung: Wie Nudging intelligente Heizsysteme nachhaltiger macht.

Wie lassen sich Menschen zu einem nachhaltigeren Heizverhalten motivieren? Eine aktuelle Studie zeigt, dass technologische Innovation allein nicht ausreicht – entscheidend ist, wie gut sie zu den Bedürfnissen der Nutzenden passt. Mit Hilfe von Nudging-Strategien können smarte Heizsysteme dazu beitragen, Energie zu sparen, Kosten zu senken und die Akzeptanz digitaler Technologien zu erhöhen.

Voraussichtliche Lesedauer: 3 Minuten

CO2_Bild, Foto von Jas Min auf Unsplash.

Die Energiewende im Gebäudesektor gehört zu den größten Herausforderungen im Klimaschutz. Ein erheblicher Teil des Energieverbrauchs in Deutschland entfällt auf das Heizen von Wohn- und Arbeitsräumen. Intelligente, KI-gestützte Heizsysteme versprechen hier großes Potenzial: Sie können durch automatisierte Heizpläne und smarte Sensorik Energie sparen, Komfort steigern und Emissionen senken. Doch technologische Effizienz allein führt nicht zwangsläufig zu nachhaltigem Verhalten – entscheidend ist, wie Menschen diese Systeme tatsächlich nutzen.

Genau hier setzt die Studie „One Size Doesn’t Fit All: User-Centered Design for AI-Driven Smart Heating Solutions“[1] von Mihale-Wilson und Lowin an, die im Rahmen des Forschungsprojekts SECAI entstanden ist. Die Forschenden untersuchten das Verhalten von über 1.600 Teilnehmenden in Deutschland und gingen der Frage nach, welche Faktoren die Akzeptanz und Nutzung intelligenter Heizsysteme beeinflussen. Ihr Fazit: Eine einheitliche Lösung funktioniert nicht – die Technologie muss sich an die unterschiedlichen Lebensrealitäten der Menschen anpassen.

Nutzerbedürfnisse als Schlüssel zur Akzeptanz

Menschen, die in Mietwohnungen leben, haben oft weniger Kontrolle über Heizparameter, während Eigentümerinnen und Eigentümer größere Gestaltungsspielräume besitzen. Daher fokussiert sich die Studie vor allem auf die Bedürfnisse von Mietenden in Deutschland in Bezug auf intelligente Heizsysteme.
Sie stellt fest, dass vor allem demografische Unterschiede eine Rolle spielen: Jüngere Menschen sind meist offener für digitale Technologien, ältere Nutzerinnen und Nutzer benötigen oft mehr Unterstützung, um diese sinnvoll in ihren Alltag zu integrieren. Zudem variieren Lebensstile stark. Berufstätige, Familien, Studierende oder Ruheständler haben unterschiedliche Tagesabläufe, Prioritäten und Komfortbedürfnisse.

Ein weiterer zentraler Punkt ist die Datenbereitschaft. Nicht alle Menschen sind gleichermaßen bereit, persönliche Informationen über ihr Heizverhalten mit einem System zu teilen. Transparente Kommunikation und Kontrolle über die eigenen Daten werden daher zu zentralen Faktoren für Akzeptanz und Vertrauen.

Nudging als Gestaltungselement

Um nachhaltiges Verhalten zu fördern, setzen die Forschenden auf das Konzept des Nudging – also des „Anstupsens“. Nudging stammt aus der Verhaltensökonomie und beschreibt Methoden, die es erleichtern, gute Entscheidungen zu treffen, ohne die Freiheit einzuschränken. Anstatt den Nutzenden Vorschriften zu machen, wird die gewünschte Entscheidung zur einfachsten und bequemsten Option.

Nudging kann sowohl digital als auch analog umgesetzt werden.
Digitale Beispiele reichen von Standard-Ökostromtarifen über Erinnerungsfunktionen in Apps bis hin zu Vorschlägen für energiesparendes Verhalten. Analoge Formen begegnen uns täglich, etwa durch die Positionierung gesunder Produkte im Supermarkt oder Hinweisschilder, die Besucher zum Treppensteigen motivieren. Übertragen auf intelligente Heizsysteme bedeutet das: Nutzerinnen und Nutzer könnten beispielsweise sanft daran erinnert werden, die Temperatur zu senken, wenn niemand zuhause ist, oder automatisch eine energiesparende Standardeinstellung vorfinden.

Technik trifft Psychologie

Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass die Verbindung von Technologie, Design und Psychologie entscheidend ist, um das volle Potenzial intelligenter Heizsysteme auszuschöpfen. Nur wenn technische Lösungen auf die Bedürfnisse, Gewohnheiten und Werte der Nutzenden abgestimmt sind, werden sie akzeptiert und aktiv genutzt.

Anstatt also nach der einen perfekten Lösung zu suchen, sollten Entwicklerinnen, Designer und Energieanbieter auf flexible, nutzerzentrierte Systeme setzen – Systeme, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen, ihn unterstützen, motivieren und „anstupsen“, nachhaltiger zu handeln.

So kann Nudging dazu beitragen, dass smarte Heizsysteme nicht nur technisch brillant, sondern auch menschlich wirksam werden – und damit zu einem echten Treiber der Energiewende.


[1] Mihale-Wilson, Cristina / Lowin, Maximilian (2025): „One Size Doesn’t Fit All: User-Centered Design for AI-Driven Smart Heating Solutions“, Forthcoming, INFORMATIK 2025, Gesellschaft für Informatik, Bonn, Germany.

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