August 28, 2025
Analoges Nudging: GSW-Hamster weist den Weg zum richtigen Heizen
Wie heizt man eigentlich richtig? Ein kleiner Wegweiser versucht das Wissen für Mietende unterschiedlicher Herkunft und Kulturen niederschwellig und ohne erhobenen Zeigefinger zu vermitteln.
Voraussichtliche Lesedauer: 4 Minuten

Heizen klingt kinderleicht: Thermostat hochdrehen, wohlfühlen, fertig. Doch in der Praxis ist es gar nicht so simpel. Viele Menschen wissen nicht, welche Temperatur in welchem Raum ideal ist, oder wie man lüftet, ohne gleich die ganze Wärme zu verschwenden. Hinzu kommt, dass das persönliche Wärmeempfinden höchst individuell ist. Was dem einen gemütlich vorkommt, ist dem anderen schon viel zu warm. Durch die große Balt Best-Studie wurde belegt, dass Mieter und Mieterinnen durch ihr Nutzungsverhalten massiv die Energieverbräuche beim Heizen in Mehrfamilienhäusern beeinflussen – ganz unabhängig davon, ob ein Gebäude gedämmt ist, oder was für eine Heizung installiert ist. Energieverbräuche in Mehrfamilienhäuseren können nur eingespart werden, indem die Bewohnerinnen und Bewohner „mit ins Boot“ genommen werden.
„Es ist ein Irrtum zu glauben, dass Mietende automatisch wissen, wie man richtig heizt und lüftet“, erklärt Birgid Eberhardt von der GSW Sigmaringen. „Richtiges Heizen wurde nie gelernt, weil die Notwendigkeit oft nicht verstanden wurde, weil es früher andere Heizsysteme gab oder weil der Zusammenhang zwischen Verbrauch, Kosten und Klimaschutz nicht bewusst war.“ Aufgabe des SECAI-Forscherteams war es, dieses Wissen auf einfache, leichte Weise und ohne erhobenen Zeigefinger zu vermitteln, damit Mietende überhaupt in die Lage versetzt werden, diese Zusammenhänge zu verstehen und dann entsprechend zu handeln.
Wie sag ich es meinen Mietenden?
Zu Beginn der Entwicklung des Wegweisers wurden verschiedenste Anforderungen gesammelt, die ein wie auch immer geartetes Dokument für Mietende erfüllen muss:
- Die Szenerie sollte einfach gestalltet und der Wohn- und Lebenswelt der Mietenenden angepasst sein:
Kein Luxusmobiliar; Luxusküchen oder sonstige, ggf. unbekannte Objekte - Personen oder Figuren müssen diskriminierungsfrei sein, um identifikationspotential zu bieten.
- Die Ansprache in Texten muss wertschätzend sein.
- Die Texte müssen leicht verständlich sein.
- Die Texte müssen mehrsprachig umsetzbar sein.
- Weitere Szenarien und Texte müssen einfach hinzuzufügen sein.
Wegweiser richtig Heizen und Lüften
Bereits die ersten Entwürfe zeigten, dass diese Anforderungen nicht durch eine „klassische“ Informationsbroschüre mit vielen verschiedenen Informationen und Text erfüllt werden können.
Daher wurde der Ansatz gewählt, nicht die Konsequenz in den Vordergrund der Grafiken zu stellen (wie zum Beispiel „Schimmelbildung!“), sondern die Aktivität. In diesem konkreten Fall geht es um die Aufforderung, die Türen zwischen unterschiedlich temperierten Räumen zu schließen. Dadurch konnte der Textanteil deutlich verringert werden. In einem Szenenpaar wird jeweils die positive und die negative Handlung gegenübergestellt und mit einem grünen Häkchen bzw. einem roten Kreuz markiert.

Im nächsten Schritt wurde ein vermittelndes Medium gesucht, das durch die einzelnen Szenen führt und mit seiner Mimik die jeweilige Aussage betont. Um hier den Anforderungen gerecht zu werden, wurde eine kleine Kunstfigur, der GSW-Hamster geschaffen. Er erfüllt alle diskrimienierungsfreien Aspekte und wurde betont „süß“ gestaltet. Damit vermittelt er ein lustiges, kuscheliges, rundes und fröhliches Bild, dass das „richtige“ Tun unterstreicht. Er spricht damit auch Kinder an, die häufig in Familien mit Migrationshintergrund wichtige Wissensvermittler für die Erwachenen sind.
Im Negativbeispiel erscheint der Hamster traurig und abgekämpft. Erste Tests mit Mietenden zeigen eine starke emotionale Reaktion auf diese Darstellung. Es wird verstanden, dass das Gezeigte falsch ist. Mit dieser kleinen Figur wurde ein analoger Nudge geschaffen, der durch seine emotionale Wirkung die Mietenden anstupst, das Richtige zu tun.
Kleine Anstupser für mehr Energieeffizienz
„Die Erfahrung mit unseren Mietenden zeigt, dass es bislang niemanden gibt, der bewusst die Hausgemeinschaft schädigen will, indem er oder sie alle Thermostate hochdreht und die Fenster öffnet“, so Annette Hoppe, von der GSW-Sigmaringen. Aber wie heizt man richtig? „Unter richtig heizen verstehen wir, die Heizung in der Wohnung energiesparend, aber ohne echten Komfortverlust zu steuern und dabei auch ein gesundes Raumklima zu erhalten“, so Hoppe weiter. Das Ziel sei, Mietende langfristig spielerisch und ohne erhobenen Zeigefinger an ein richtiges Heizverhalten heranzuführen. Denn viele Probleme liegen nicht in der Technik, sondern im Alltag: defekte Ventile, vergessene Heizkörper, ausgeschaltete Router oder schlicht fehlendes Wissen.
